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Das zweite Jahr in Folge konnte eine Schülerin des BRG Wörgl einen Fachpreis für Abschlussarbeiten in geistes- und kulturwissenschaftlichen Fächern der Universität Innsbruck erringen. Am 27.9.2024 wurde Julia K. aus der letztjährigen 8A der mit 200€ dotierte 2. Preis im Bereich Fremdsprachen zugesprochen und im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung überreicht. Wir gratulieren herzlich und freuen uns mit Julia über die Anerkennung ihrer hervorragenden VWA mit dem Titel „Boys Will Be Boys: How to Understand and Overcome Toxic Masculinity”.

Anbei folgt nun ein von Julia persönlich verfasster Text, in dem sie ihren eigenen VWA-Schreibprozess reflektiert, ihre Eindrücke zur VWA-Preisverleihung schildert und sich Gedanken über die Zukunft der VWA macht, die seit diesem Schuljähr keine verbindliche Säule der Matura mehr darstellt.

Foto: Katharina Hohengartner

Ein Plädoyer für die VWA?

Veganismus, Derealisation, AIDS; oder doch vielleicht zystische Fibrose? Das ist nur ein kleiner Ausschnitt beinahe endloser Notizen zur VWA-Themenwahl auf meinem Handy. Manche Einträge gehen auf Juni 2022 zurück, randvoll mit erster Literatur, groben Inhaltsverzeichnissen und Titelversuchen. Wenn ich mir heute dieses Sammelsurium anschaue, fühle ich mich in meine damalige Situation zurückversetzt. Denn wie wohl beinahe jede/r angehende Maturantin/Maturant wusste auch ich nicht genau, für welches Thema ich so sehr brennen würde, dass ich mich knapp über ein Jahr tagtäglich damit beschäftigen möchte. Aus heutiger Sicht muss ich schmunzeln, weil mein schlussendliches Thema „Boys Will Be Boys: How to Understand and Overcome Toxic Masculinity” nahezu perfekt zu meinen heutigen Interessen passt. Feminismus war mir nämlich schon immer eine Herzensangelegenheit, und die langwierige Suche nach diesem Thema hat retrospektiv definitiv die eine oder andere „epiphany” in mir ausgelöst. Aber dazu später.

Zum Glück habe ich mit meiner Arbeit schon im Sommer 2023 – also nach Abschluss der 7. Klasse – begonnen, denn ich habe definitiv unterschätzt, wie nervenaufreibend die Planung und die Literatursuche im Zusammenhang mit meiner Arbeit werden würde. „Toxic Masculinity” ist nämlich – obwohl schon lange und profund in unserer Gesellschaft verankert – ein relativ neuer Terminus, weshalb sich vor allem meine Suche nach wissenschaftlichen Büchern eher schwierig gestaltete.

Dass das Schreiben selbst von Prokrastination und Überforderung geprägt war, muss ich, glaube ich, gar nicht erst erwähnen. Genauso wie die enorme Bedeutsamkeit einer bemühten Betreuerin/eines bemühten Betreuers. Daher bin ich meiner Betreuerin Frau Prof. Gehwolf nach wie vor unendlich dankbar, dass sie von der ersten Sekunde an ihr ganzes Herzblut in meine Betreuung gesteckt hat, angefangen bei der Themenfindung bis hin zur Präsentation meiner Arbeit.

Dass mir nun am 27.9.2024 bei den VWA-Preisen 2024 der Universität Innsbruck der 2. Preis in der Kategorie Fremdsprachen zugesprochen wurde, ist natürlich noch das i-Tüpfelchen. Und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass es sich nicht gut anfühlt, für seine Bemühungen belohnt zu werden. Auch eine Laudatio über die eigene Arbeit vorgelesen zu bekommen, ist durchaus eine bereichernde Erfahrung. Aber die Preisverleihung an der Universität Innsbruck hat mir vor allem eines ausdrücklich gezeigt: Die Interessen von Jugendlichen bewegen sich in eine extrem progressive und emanzipierte Richtung: „Ist Gott frauenfeindlich und homophob?”, „Queerness in the African Context”, „Umgang mit rechtsextremistischen Denkweisen bei Jugendlichen”: Dies ist nur ein prägnanter Ausschnitt der bewundernswerten und genialen Arbeiten der restlichen PreisträgerInnen. Dass sich Jugendliche immer mehr mit solchen Themen auseinandersetzen, ist in meinen Augen extrem vielversprechend – und für mich Grund genug, die VWA weiterhin verpflichtend in der Reifeprüfung beizubehalten.

Vor dem Schreiben meiner VWA war ich, um ehrlich zu sein, absolut gegen eine verpflichtende VWA. Für mich war sie nicht mehr als eine zusätzliche Belastung neben den anderen Säulen der Matura. Hier kommt jedoch meine am Anfang genannte „epiphany” ins Spiel: Das Verfassen meiner VWA hat mir maßgeblich bei der Entscheidung, welchen Berufsweg ich in naher Zukunft einschlagen möchte, geholfen. Und obwohl diese Wahl noch nicht in Stein gemeißelt sein mag, weiß ich, dass ich in Zukunft für Frauen, für die Gewalt Alltag bedeutet, eine helfende Hand sein möchte –sei es auf ehrenamtlicher oder beruflicher Ebene. Und alleine aus diesem Grund bin ich dankbar, dass ich diese Arbeit verfassen musste.

Langer Rede kurzer Sinn: Ich würde es jeder Maturantin/jedem Maturanten der Zukunft ans Herz legen, die VWA an Stelle eines weiteren Maturafachs zu wählen. Natürlich ist sie vielleicht anstrengender, zeitraubender und erfordert größeren Aufwand. Vielleicht ist sie aber auch ein Schritt in die richtige Richtung?

Julia K. im Oktober 2024